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MM 7. 4. 2007

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"Keine Katastrophe für Mannheim"

Alstom-Manager Guy Chardon hält an seinem harten Sanierungskurs fest

Von unserem Redaktionsmitglied Daniel Albrecht

Birr. Gestern war ein wichtiger Tag für Guy Chardon. Der in Mannheim als knallharter Alstom-Sanierer gefürchtete Franzose hatte die Chance, sich ein neues Image zu verpassen. Im schweizerischen Birr führte der Manager ein Dutzend Journalisten durch eine der größten Fabriken des Konzerns. „Birr ist unser Vorzeigestandort”, sagt Chardon. Seit Ende der neunziger Jahre werden hier die Herzstücke der Gasturbine gefertigt: riesige, glänzende Rotorenteile. Stolz schreitet der Chef des Turbinengeschäfts von Alstom durch die Hallen. Es riecht nach Metall.

Mit mächtiger Stimme redet Chardon gegen den Lärm der Maschinen an. Auch in Mannheim hat sich der Franzose bisweilen lautstark Gehör verschafft. Er hat das Turbinengeschäft von Alstom nach der schweren Krise vor sieben Jahren mit harten Eingriffen wieder auf Spur gebracht. Der Preis war hoch: Rund 700 Arbeitsplätze hat Alstom seit 2003 in der Quadratestadt abgebaut. Ende des Jahres schließt die traditionsreiche Generatorenfabrik ihre Türe. 90 Mitarbeiter sind davon betroffen.

„Wenn ich in Mannheim bin, fühle ich, wie schmerzhaft dieser Prozess ist”, sagt Chardon. Er weiß, wie stolz die Deutschen auf die traditionsreiche Produktion von Turbinen und Generatoren sind. „Vielen Menschen dort haben wir das Herz gebrochen.” Für einen Moment klingt er fast sentimental - doch dieser Eindruck verfliegt noch im selben Moment. „Der Verstand, der müsste aber in Mannheim noch funktionieren.” Und der Verstand sage nun einmal, dass es keinen Sinn mehr mache, hier Generatoren zu fertigen. „Zu teuer”, fasst Chardon die Argumente gegen den Produktionsstandort Mannheim zusammen.

Die Mitarbeiter lassen sich von solchen Argumenten schwerlich überzeugen. Betriebsratschef Udo Belz kämpft verbissen um jeden Arbeitsplatz. „Er hat es nicht leicht”, sagt Chardon anerkennend. Allerdings sei Belz' Hartnäckigkeit mit schuld daran, dass Mannheim in der Pariser Führungsetage von Alstom längst als Problemstandort gelte. „Auch ich musste für Mannheim kämpfen”, sagt Chardon überraschend und man weiß nicht, ob man ihm das abnehmen soll. Es sei nicht leicht gewesen, das Konzernmanagement davon zu überzeugen, die Zentrale des Dampfturbinengeschäfts nach Käfertal zu holen, betont Chardon. Dabei sei dieser Schritt für Mannheim ein Segen. „Das ist das Beste, was dem Standort Mannheim bislang widerfahren ist”, tönt er vollmundig.

Am Stellenabbau hält Chardon mit unverminderter Härte fest. Bis 2010 werden im Käfertaler Werk nur noch gut 1500 Menschen arbeiten. Doch auf diese Zahl will er sich nicht festlegen. Vielleicht werden es mehr sein. Das Geschäft läuft hervorragend, die Auftragsbücher sind voll. Alstom sucht Entwickler und Ingenieure. Arbeiter hingegen werden nicht mehr gebraucht. Von den 90 Beschäftigten in der Generatorenfabrik will er fünfzehn bis zwanzig in anderen Alstom-Sparten weiter beschäftigen. 30 bis 35 sollen zu Fremdfirmen wechseln, die Alstom aufs Betriebsgelände holen will. Was aus dem Rest wird, ist noch offen. „Doch davon geht die Welt nicht unter”, sagt Chardon hart. „Das ist keine Katastrophe für Mannheim.”