Alstom: Betriebsrat will geplante Stellenstreichungen in Mannheim nicht hinnehmen / Heute Betriebsversammlung
„Widerstand lohnt sich!”
Von unserem Redaktionsmitglied Matthias Kros
Mannheim. Der Betriebsrat des Mannheimer Alstom-Werkes hat schon in der Vergangenheit die Belegschaft häufig vor Schlimmerem bewahrt. Jetzt sind die Arbeitnehmervertreter wieder gefragt, in Mannheim sind im Zuge der jüngsten Sparmaßnahmen bis zu 480 Stellen in Gefahr. Doch „Widerstand lohnt sich”, ist Udo Belz, Chef des Betriebsrates, sicher. An allen Standorten in Deutschland sind in diesen Tagen Betriebsversammlungen - heute in Mannheim.
Herr Belz, alle reden von Arbeitslosenzahlen von unter drei Millionen. Nur Alstom will kräftig Stellen abbauen. Woran liegt das?
Udo Belz: Wir haben bei Alstom vor allem langfristige Projekte. Eine Krise schlägt bei uns deshalb immer erst mit einer Verzögerung von zwei bis drei Jahren durch.
Hätte das Management nicht frühzeitiger reagieren müssen?
Belz: Absolut. In guten Zeiten wurde viel zu wenig in neue Produkte investiert. Ich denke hier in erster Linie an die regenerative Stromerzeugung. Aber auch im konventionellen Bereich sind wir mittlerweile nicht mehr so gut aufgestellt wie die Konkurrenz.
Das hiesige Werk ist ja ausschließlich auf eben diesen konventionellen Bereich ausgerichtet...
Belz: Deswegen haben wir ja für Mannheim immer wieder gefordert, alternative Produkte zu fertigen.
Offenbar ist wenig passiert. Laut interner Papiere soll Mannheim nun die Hauptlast beim Stellenabbau tragen. Stimmt das?
Belz: Es ist noch zu früh, um über konkrete Zahlen zu reden. Wir haben die Eckdaten des Sparkonzept vom Management auf europäischer Ebene erhalten und werden in den kommenden Wochen eigene Vorschläge machen. Am Ende werden dann Zahlen stehen.
Lässt sich der Stellenabbau noch verhindern?
Belz: Selbstverständlich. Wir haben in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass Konzepte der Unternehmensführung noch in wesentlichen Punkten verändert werden können. Widerstand lohnt sich! Ich würde sogar die Frage stellen, ob es den Standort Mannheim ohne unseren Widerstand überhaupt noch geben würde.
Stellen wurden dennoch oft gestrichen. Muss man fürchten, dass das Werk Mannheim irgendwann geschlossen wird, weil es zu klein ist?
Belz: Das ist auf jeden Fall eine Gefahr. Irgendwann kommen Sie unter eine kritische Größe, bei der sich ein Standort wegen der hohen Fixkosten nicht mehr rechnet. Deswegen fordern wir ja immer einen Ausgleich, wenn Mannheim Kompetenzen verliert.
Was sind aktuell Ihre Forderungen?
Belz: Wir wollen den Verzicht von betriebsbedingten Kündigungen, wie es auch unser Hauptkonkurrent Siemens macht. Stattdessen sollten wir auf Kurzarbeit und einen Lastausgleich zwischen den europäischen Standorten setzen.
So wäre aber der geplante Stellenabbau von weltweit 4000 Stellen bis März 2012 kaum erreichbar.
Belz: Das ließe sich durchaus über Kurzarbeit und die natürliche Fluktuation erreichen. Wichtiger Punkt ist, dass wir wieder das richtige Personal an Bord haben, wenn der Markt zurückkommt. Sonst müssen wir dann mit großem Aufwand neue Leute finden und qualifizieren.
Was werden Sie den Mitarbeitern bei der heutigen Betriebsversammlung sagen?
Belz: Der Vorstand soll das Sparkonzept erläutern. Danach werden wir eine Stellungnahme abgeben.
Wie ist die Stimmung in der Belegschaft?
Belz: Ich glaube, dass die Mitarbeiter verunsichert sind. Das ist doch klar, die meisten von uns haben schließlich Familie. Ich denke aber, dass die Belegschaft die Position des Betriebsrates verstanden hat und sie auch teilt.
Mannheimer Morgen, 2. November 2010