Bildschirmfoto_2011-06-12_um_17.10.34Großdemo bei Alstom

In Salzgitter steht nicht nur ein Traditionsunternehmen auf der Kippe, sondern auch die Zukunft einer Stadt. Ina Stelljes über klare Worte und wütende Arbeiter.

Der französische Bahntechnik-Hersteller Alstom plant, den Rohbau der Züge von Niedersachsen nach Polen zu verlagern und will deshalb in Salzgitter 700 Arbeitsplätze abbauen. Die Gewerkschaft befürchtet, dass unter Umständen sogar doppelt so viele Stellen gestrichen werden. Um dagegen zu protestieren, hatten die Betriebsräte und die Gewerkschaft IG Metall zu der Demonstration aufgerufen. Beschäftigte von VW, MAN, Bosch und der Salzgitter AG waren gekommen und zeigten ihre Solidarität mit den Mitarbeitern des Alstom-Werks. Mit dabei waren neben Ministerpräsident McAllister auch SPD-Chef Sigmar Gabriel, Grünen-Vorsitzender Stefan Wenzel, Wirtschaftsstaatssekretär Oliver Liersch (FDP), Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU) und IG-Metall-Bezirkschef Hartmut Meine.

http://www.ndr.de/regional/niedersachsen/harz/alstom171.html

25. Mai 2011

ALSTOM Salzgitter

25. Mai 2011

ALSTOM Salzgitter

KonzernBetriebsRat Alstom_logo_text Deutschland AG + IG Metall

Salzgitter, 25. Mai 2011

Der ALSTOM Konzern plant einen weltweiten Personalabbau von ca. 6.000 Beschäf-tigte im Power- und Transportbereich. Die geplanten Maßnahmen beinhalten neben Bereichs- und Standortschließungen, auch Verlagerungen von wesentlichen Kernkompetenzen ins Ausland. Diese Verlagerungen bedeuten nach erster Analyse nicht nur den Abbau von Personal und von existenziellen Kernfunktionen und Fähigkeiten, sondern die Verabschiedung von ALSTOM aus dem Deutschen und zum Teil auch aus dem europäischen Markt.

Während die Konkurrenz immer mehr Marktanteile in Deutschland und Europa gewinnt und enorme Auftragseingänge im Power- und Transportsektor verzeichnet, ist der ALSTOM Konzern anscheinend nicht in der Lage, Fehlentscheidungen im Management, falsche Strategien am Markt und bei den Produkten zu korrigieren.

Konzern-Betriebsratsvorsitzender Udo Belz kritisierte, dass ALSTOM zur Zeit konzern-weit auf Personalabbau und Verlagerung setzt. „Die Konzernstrategie scheint daraus zu bestehen, dass es keine gibt. Es besteht keine Vision, in welche Richtung sich der Konzern entwickeln kann und welche neuen Produkte für welche Märkte entwickelt werden sollen. Alles scheint auf den Moment ausgerichtet ohne jegliche intelligente Zukunftsplanung. So kann ein Konzern nicht vernünftig geleitet werden.”

Hartmut Meine, IG Metall-Bezirksleiter für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, forderte die Geschäftsführung auf, endlich ein zukunftweisendes Konzept für den ALSTOM-Standort in Salzgitter vorzulegen. „Während der Markt brummt, will der ALSTOM-Konzernchef Kron Kapazitäten in Salzgitter stilllegen. Ich fordere ihn auf, seiner Rolle endlich gerecht zu werden und Aufträge nach Salzgitter zu holen.”

Stattdessen sind riesige Einsparungen bei den Beschäftigten vorgesehen. Am Standort Salzgitter sollen bei den Mitarbeiter/innen in den nächsten 3 Jahren unter anderem über Aussetzung von Tariferhöhungen, Wegfall von Sonderzahlungen (Weihnachts- und Urlaubsgeld), Erhöhung der tariflichen Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche ohne Lohnausgleich usw. jährlich 23 Millionen Euro eingespart werden.

Ein Angriff auf bestehende Tarifverträge und Regelungen an einem IG Metall - Standort, ist ein Angriff auf alle Standorte, Beschäftigten und Interessenvertretungen in ganz Deutschland.

Aus diesem Grund reisten hunderte Kolleginnen und Kollegen von den ALSTOM Standorten aus Berlin, Bexbach, Kassel, Mannheim, Neumark, Stendal + Stuttgart am 25.05.2011 nach Salzgitter. Gemeinsam mit den Beschäftigten des Transport-Standortes, Betrieben aus der Umgebung und Vertretern der IG Metall, nahmen sie an den DEMO-Zügen und anschließender Kundgebung teil, um öffentlich gegen die geplanten Restrukturierungs-, Verlagerungs- und Einsparmaßnahmen zu protestieren. Außerdem wurden die Proteste durch den Niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister, SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel und dem Oberbürgermeister Frank Klingebiel sowie anderen örtlichen Politiker/innen unterstützt. Insgesamt demonstrierten über 5.500 Beschäftigte gegen die Kahlschlagpolitik von ALSTOM.

Um die Proteste in der Öffentlichkeit weiter zu verstärken, ruft der europäische Metallerbund „EMB” in Brüssel zu einer europaweiten Aktion der Gewerkschaften und Beschäftigten von ALSTOM auf. Diese findet am Montag, den 30. Mai 2011 statt.

KONZERNBETRIEBSRAT
ALSTOM Deutschland AG
IG Metall Vorstandsverwaltung
Frankfurt/Main

Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 2. 2. 2011

Protest gegen Stellenabbau bei Alstom

2500 Teilnehmer bei Kundgebung in Salzgitter / McAllister lädt Konzernchef Kron zu Gespräch über Standort ein

Salzgitter/Hannover. Rund 2500 Menschen haben am Mittwoch in Salzgitter gegen den drohenden Stellenabbau beim Bahntechnikunternehmen Alstom Transport protestiert. Das Management des französischen Konzerns in Paris wolle „den Standort Salzgitter ausbluten lassen” sagte IG-Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine. Unterdessen hat sich auch Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) eingeschaltet, um die Belegschaft bei der Sicherung des Werks in Salzgitter und von Arbeitsplätzen zu unterstützen.

Der Regierungschef hat Alstom-Chef Patrick Kron zu einem Gespräch eingeladen. Dieses soll möglichst vor der nächsten Sitzung des europäischen Alstom-Betriebsrates am 23. Februar stattfinden, auf der Kron die künftige Strategie der Transportsparte vorstellen will.
Der Konzern reagierte gestern allerdings reserviert auf McAllisters Angebot und ließ offen, ob das Treffen zustande kommt: „Alstom wird gemeinsam mit dem Betriebsrat an einer Lösung arbeiten, um den Standort Salzgitter wieder wettbewerbsfähig zu machen” sagte dazu ein Sprecher. Man werde „zu gegebener Zeit” auch mit anderen Parteien sprechen. Alstom werde McAllister „eine Antwort zukommen lassen”.
Betriebsrat und IG Metall befürchten, dass Alstom wegen rückläufiger Auftragseingänge und mangelnder Profitabilität in Salzgitter bis zu 1400 von 2800 Stellen streichen werde. Das Unternehmen hat bestätigt, dass über einen Stellenabbau nachgedacht werde – nennt bisher aber keine Zahlen. „Der Standort konnte in den vergangenen fünf Jahren nicht kostendeckend Schienenfahrzeuge herstellen” erklärte Alstom. Deutschland sei für Alstom ein sehr wichtiger Markt, „in dem wir langjährige vertrauensvolle Kundenbeziehungen pflegen, die wir auch in Zukunft weiter ausbauen möchten.” Man könne aber nur dann erfolgreich an Ausschreibungen für Schienenfahrzeuge teilnehmen, wenn der Standort „gewinnbringend” produziere.

IG-Metall-Bezirkschef Meine bezeichnete die Behauptung, das Unternehmen leide unter einer schwachen Auftragslage, als „erlogen”. Andere Firmen der Branche registrierten einen Boom, betonte er. Die Arbeitnehmer und ihre Vertreter richteten sich auf weitere Proteste ein: „Wer sich so verhält, bekommt es mit uns zu tun.” Scharfe Kritik an Alstom äußerte auch Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU): „Diese Unternehmenspolitik kann nur als menschenverachtend betrachtet werden.”

Der Betriebsratsvorsitzende von Alstom in Salzgitter, Bernd Eberle, zeichnete ein düsteres Bild für die Zukunft des Werks: Er rechne unter anderem damit, dass Alstom in Salzgitter nicht mehr ausbilden wolle. Besonders kritisch sehe er eine eventuelle Verlagerung des Vertriebs nach Berlin: „Was soll denn aus diesem Standort werden, wenn die Leute, die uns die Aufträge hereinholen, weggehen?”

Von Jens Krone und Dirk Stelzl