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„Dreckiges Spiel vor GE-Übernahme”

Wenige Monate vor der Übernahme des Alstom-Energiegeschäfts durch den US-Konzern General Electric (GE) ist die Stimmung aufgeheizt wie lange nicht mehr. „Das Alstom-Management verspielt den letzten Rest an Glaubwürdigkeit", schimpfte Jörg Brodmann von der IG Metall Zwickau gestern Richtung Mannheim, dem Sitz von Alstom in Deutschland. Die Geschäftsführung betreibe ein „dreckiges Spiel”, indem sie einen Sozialplan zu umgehen versuche.

Hintergrund ist die geplante Schließung des Standortes Neumark, wo Alstom Kessel baut. Rund 200 Mitarbeiter sind hier beschäftigt, von denen ein Großteil bereits eine Kündigung erhalten habe. „Damit missachtet die Unternehmensführung vorsätzlich die Bemühungen der Arbeitnehmerseite, eine Lösung zu finden”, so Brodmann.

Ein Unternehmenssprecher verwies dagegen darauf, dass Ende Januar eine Einigungsstelle zu der geplanten Restrukturierung gescheitert sei und man deshalb berechtigt wäre, das Konzept umzusetzen. Gleichzeitig wolle man aber Gespräche mit dem Betriebsrat zu einem Sozialplan aufnehmen. Solange es diesen nicht gebe, findet aber auch die Betriebsratsvorsitzende Elisabeth Möller die ausgesprochenen Kündigungen nicht in Ordnung. „Das ist nicht zufriedenstellend für uns.” Heute ist eine Betriebsversammlung in Neumark geplant.

Unterdessen kündigte Alstom die Schließung eines weiteren Standortes in Deutschland an. „Nach der Prüfung verschiedenster Optionen hat das Unternehmen entschieden, die Fertigung am Standort Ludwigslust einzustellen und die Aktivitäten im Bereich Messwandler an den Standort Kassel zu überführen”, sagte der Unternehmenssprecher. Nur etwa 90 der momentan rund 200 Beschäftigten sollen ein Angebot bekommen, ebenfalls nach Kassel zu wechseln.

Aber es gibt auch gute Nachrichten: Laut Betriebsratschefin Möller gelang in der vergangenen Woche mit dem GE-Management eine Vereinbarung über ein europäisches Interimsgremium, das im Zuge der Integration des Alstom-Energiegeschäfts die Interessen der Belegschaft vertreten soll. „Das ist ein erheblicher Fortschritt”, so die Betriebsratschefin. Das Gremium solle nach Abschluss des Kaufs, der im Sommer erwartet wird, seine Arbeit aufnehmen und könne – so der Wunsch der Arbeitnehmerseite – der Vorläufer eines europäischen Betriebsrates bei GE sein. Bislang haben die Amerikaner in Europa nichts Vergleichbares.

© Mannheimer Morgen, Freitag, 25.03.2015